Waldenserort Palmbach, Stadt Karlsruhe

 

Orgelhistorie 1725 bis heute

Steinmeyer-Heintz-Orgel Waldenserkirche Palmbach 1980

🕰️ Zeitleiste der Palmbacher Orgeln

1821 – Erste Orgel aus Grötzingen

  • Erste urkundliche Erwähnung einer Orgel in Palmbach.
  • Gebrauchte Orgel aus Grötzingen, aufgebaut durch die Firma H. Voit & Söhne.
  • Kosten: 150 Gulden.
  • Einmanualig mit kleinem Pedal, sehr begrenztem Tonumfang und einfacher Ausstattung.

1865 – Mängelbericht zur ersten Orgel

  • Lehrer und Organist J. H. Schaufelberger beschreibt die Orgel als „erbärmlichen Zustand“.
  • Sehr schlechter technischer und klanglicher Zustand, Manual nur ca. 2 Oktaven.

1866–1868 – Versuch zur Erneuerung

  • Zuschuss von 200 Gulden bewilligt, doch kein Geld für Neubau.
  • Stattdessen Reparatur durch Firma Voit, dabei kleinere Verbesserungen (z. B. Einfügung von Cis).

1893 – Orgel endgültig unspielbar

  • Orgelkommissar Barner erklärt die Orgel für unbrauchbar.
  • In der Folge Nutzung eines gebrauchten Harmoniums (wohl aus Paris, über Schiedmayer Stuttgart).

1906 – Neue Kirche und neue Orgel von Steinmeyer

  • Abriss der alten Kirche und Bau eines neugotischen Kirchenneubaus.
  • Orgelneubau durch Firma Steinmeyer (Oettingen) nach Ausschreibung.
  • Disposition von 12 Registern, pneumatische Traktur, Taschenladen.
  • Abnahme durch Kommissar Barner, großes Lob für Qualität und Klang.

1914 – Erneute Prüfung durch Barner

  • Orgel wird als eine der besten der Diözese bezeichnet.

1937 – Erste Generalüberholung

  • KMD Rumpf bemängelt Staub und Vernachlässigung.
  • Orgelbaufirma Hess führt Reinigung und kleinere Umbauten durch.
  • Änderung der Disposition (Aeoline → Gemshorn, Violonbass 16' → 8').

1942–1951 – Elektrifizierung

  • Einbau eines gebrauchten Orgelmotors (wegen Kriegszeit).
  • 1951 Einbau eines neuen Elektromotors.

1944–1947 – Bombenschäden & Nachkriegszeit

  • Bombentreffer zerstört Chorraum, Orgel bleibt unbeschädigt.
  • 1947: Vertrag mit Firma Wagner zur regelmäßigen Wartung.

1977 – Zustand der Steinmeyer-Orgel untragbar

  • Orgelsachverständiger Trötschel rät zum Neubau.
  • Alternative (Reparatur mit elektrischem Spieltisch) wird verworfen.

1978–1981 – Planung und Bau der neuen Orgel

  • Neubauauftrag an Georges Heintz (Schiltach).
  • Verwendung erhaltenswerter Pfeifen und des historischen Gehäuses von Steinmeyer.
  • Finanzierung durch Spenden, Bazare, Zuschüsse (z. B. EOK: 45.000 DM).
  • Neue Orgel mit 16 Registern, mechanischer Traktur, Schleifladen, Kombination alter (Steinmeyer) und neuer (Heintz) Pfeifen.
  • Abschluss: Oktober 1981, Abnahme durch Trötschel.

1981 – Einweihung der Heintz-Orgel

  • Am 4. Oktober 1981 mit Festgottesdienst und Konzert durch KMD Friedrich Meinel.
  • Die Orgel wird zu Ehren ihres historischen Aufbaus nicht „Steinmeyer-Heintz“, sondern nur „Heintz-Orgel“ genannt.

1986–2010 – Pflege und Weiterentwicklung

  • Einbau von Blattfedern (1986), schwimmender Mechanik, Reinigung (2006), Parallelpedal (2010).
  • Wartungsvertrag mit Fa. Heintz, regelmäßige Stimmung.
  • 1989: Orgelsachverständiger Georges Aubert lobt Klang und Zustand.

🎼 Bedeutung und Nutzung

  • Die heutige Orgel ist ein gelungenes Beispiel für die Verschmelzung historischer Substanz mit moderner Technik.
  • Klanglich besonders geeignet für Barockmusik, aber auch romantisches und modernes Repertoire möglich.
  • Bis 2012 regelmäßiger Einsatz durch Organist:innen wie Thomas Hochschild, Walter Münchgesang u. a.

Hier finden Sie den ausführlichen Orgelbericht von Reinhold Härdtle aus dem Jahre 2012:  "Über die Orgeln der Evangelischen Waldensergemeinde Karlsruhe-Palmbach im 19. und 20. Jahrhundert"


Die „Steinmeyer-Heintz-Orgel“ der Waldenserkirche Palmbach

Die Orgel gilt als Königin der Instrumente. Eine solche Königin steht auch in der Waldenserkirche in Palmbach: die sogenannte „Steinmeyer-Heintz-Orgel“, deren Geschichte bis ins frühe 19. Jahrhundert zurückreicht.

Drei Orgelgenerationen in Palmbach

Bereits 1821 erhielt die Waldensergemeinde ihre erste Orgel. Mit dem Neubau der Waldenserkirche 1906 wurde dieses Instrument ausgemustert und durch eine neue Orgel der renommierten Orgelbaufirma G. F. Steinmeyer & Co. aus Oettingen ersetzt. Das neugotische Gehäuse aus dieser Zeit prägt bis heute das Erscheinungsbild der Orgel und ist über 100 Jahre alt.

Neubau unter Verwendung historischer Substanz

Ende der 1970er Jahre zeigte die Steinmeyer-Orgel starke Verschleißerscheinungen. Der Orgelsachverständige Trötschel riet von einer Generalüberholung ab und empfahl stattdessen einen Neubau unter Erhaltung der wertvollen Teile. Unter Pfarrer Bertold Augenstein wurde dieses Projekt umgesetzt: 1979 schloss man mit der Firma Georges Heintz (Schiltach) einen Vertrag über den Bau eines neuen Instruments, das 1981 fertiggestellt und feierlich eingeweiht wurde. Der bekannte Kirchenmusikdirektor Friedrich Meinel aus Potsdam konnte dafür gewonnen werden – eine kleine Sensation, da seine Ausreisegenehmigung aus der DDR bis zuletzt unsicher war.

Technische Details und Klangaufbau

Die heutige Orgel ist eine gelungene Symbiose aus Alt und Neu:

  • Sie umfasst 16 Register auf zwei Manualen und Pedal.
  • Insgesamt wurden acht Register aus der alten Steinmeyer-Orgel übernommen, wodurch die klangliche Tradition gewahrt blieb.
  • Das 1. Manual enthält sechs Register, darunter Teilwerke wie die geteilte Sesquialtera (Quinte 2 2/3‘ und Terz 1 3/5‘) sowie die Mixtur.
  • Im 2. Manual sind ebenfalls sechs Register angelegt, darunter die in Oktave 1‘ und Zimbel 3f aufgeteilte Zimbel. Auch hier stammen vier Register aus der Steinmeyer-Zeit.
  • Ein Tremulant sorgt für den charakteristischen „zitternden“ Klang.
  • Das Pedalwerk verfügt über vier Register, wovon drei historische Steinmeyer-Register sind und nur die Trompete 8‘ von Heintz neu gefertigt wurde.
  • Über drei Koppeln lassen sich die Manuale und das Pedal flexibel miteinander verbinden.

Von Radial- zu Parallelpedal

Ursprünglich war die Orgel mit einem sogenannten Radialpedal ausgestattet, bei dem die Pedaltasten fächerförmig angeordnet sind. Ende der 1990er Jahre wurde zusätzlich ein Parallelpedal eingebaut, da in der benachbarten Kirche in Stupferich ebenfalls ein Parallelpedal vorhanden ist und so ein schneller Wechsel für Organisten erleichtert wird.

Ein klingendes Denkmal

Reinhold Härdle, der viele Jahre den Organistendienst an dieser Orgel versah und eine ausführliche Geschichte der Palmbacher Orgeln verfasste, wies treffend darauf hin, dass das Instrument eigentlich „Steinmeyer-Heintz-Orgel“ heißen müsse. Denn wesentliche Teile, insbesondere die klangprägenden Pfeifen und das Gehäuse, stammen noch aus der Zeit von 1906.

So erklingt diese Orgel Sonntag für Sonntag Soli Deo Gloria – allein zur Ehre Gottes.

Quellen:
Hochschild, Thomas (2024)
Härdle, Reinhold (2012): Über die Orgeln der Evangelischen Waldensergemeinde Karlsruhe-Palmbach im 19. und 20. Jahrhundert.